20.05.2025
Im kleinen Grenzort Nickelsdorf wird ein Gasthaus wiederbelebt. Als Pop-Up mit internationaler Kunst, gutbürgerlicher Küche und Gastköch:innen.
Im Wirtshaus kommen die Leute zusammen. So war es immer, so sollte es auch bleiben. Viele Gaststätten am Land trifft heute jedoch ein anderes Schicksal: ausbleibende Gäste, wirtschaftliche Schwierigkeiten und fehlende Nachfolger:innen. Junge Gastronom:innen zieht es mit ihren Projekten in die Städte, schlicht, weil dort die Aussichten lukrativer erscheinen als in dörflichen Gegenden. Dass es aber auch Bestrebungen gibt, solche kulinarischen Kulturstätten zu bewahren, zeigen Johanna Maroušek, Jürgen Fetz und Yannik Steer. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, ein altes Gasthaus in Nickelsdorf zu revitalisieren.
44 Jahre lang wurde der Betrieb als „Gasthaus Falb“ geführt. 2020 kam dann die Schließung. Die von Hans Falb initiierte Jazzgalerie wurde jedoch weiterhin jährlich ausgetragen und brachte nicht nur Musik aus aller Welt, sondern auch Menschen von überall nach Nickelsdorf. „Ich war schon als Kind in der Jazzgalerie und habe den Ort immer als etwas Besonderes wahrgenommen“, sagt Yannik Steer im Gespräch mit Gault&Millau. Seit drei Jahren verantwortet er das kulinarische Angebot des Festivals – und erkannte bald das Potenzial des leerstehenden Gasthauses. So entstand die Idee, daraus wieder einen lebendigen Ort zu machen.
Gemeinsam mit Barkeeperin Johanna Maroušek und Künstler Jürgen Fetz – auch bekannt als Mafia Tabak – entwickelte er das Konzept für ein temporäres Restaurant mit Kunstanspruch: „Wirtshaus zum dritten Tage“. Ab 6. Juni 2025 öffnet es in der Unteren Hauptstraße 13 seine Türen – zunächst bis Ende September, mit der Option auf eine dauerhafte Weiterführung ab März 2026.
„Wir möchten die Geschichte des Hauses nicht kopieren, sondern weiterschreiben“, sagt Steer. Die Region soll dabei genauso eingebunden werden wie die künstlerischen Perspektiven. Zudem wechseln nicht nur die Speisen, sondern auch die ausgestellte Kunst. Neben einer fixen Karte mit Wirtshausklassikern wie Wiener Schnitzel, Grillhendl vom offenen Feuer und Krautfleckerl erweitern einmal im Monat Gastköch:innen das Angebot, darunter Patissière Noemi Krondorfer und Igor Kuznetsov. Jürgen Fetz kuratiert die künstlerischen Beiträge. „Essen ist für mich wie Kunst eine Art Erzählform. Wir planen aus dem Wirtshaus ein Gesamtkunstprojekt zu machen“, sagt Fetz.
Bis zur Eröffnung muss noch der Umbau fertiggestellt werden. Das Konzept ist jedenfalls gesichert – gleichermaßen wie die Unterstützung der Menschen der Region: „Die Leute freuen sich darauf, dass es hier weitergeht“, erzählen Fetz und Steer. „Und wenn’s in Wien heiß ist, flüchten viele gern ins Grüne. Bei uns kann man wunderbar in der grünen Laube sitzen.“
Wenn alles gut läuft, geht es also nach dem Pop-Up weiter. Und dann nicht nur zur Sommerfrische, sondern auch, um sich ganzjährig mit Kunst und gutem Essen zu frönen.
von Derya Metzler
Melden Sie sich kostenlos für unseren wöchentlichen Newsletter an.