22.07.2025
Überraschende Ergebnisse bei der Blindverkostung von gekühlten Rotweinen. Die Top 3 und spannende Erkenntnisse.
Rotwein bei Raumtemperatur zu genießen, ist der größte Irrtum der heimischen Weingeschichte – außer man hat die Klimaanlage auf 14 Grad eingestellt. Gerade im Sommer sind wir leider eher bei 25 bis 30 Grad Celsius, und das macht mehr Kopfweh als Spaß. Erfreulicherweise haben einige Winzer:innen das Thema aufgegriffen und eigene Editionen mit kühl zu trinkenden Rotweinen herausgebracht. Manche Etiketten verraten aufgrund von Thermofarben sogar ohne Thermometer, ob der Wein kalt genug ist. Die Gault&Millau-Redaktion hat sich zusammen mit Getränkehändler Del Fabro Kolarik bzw. feingeist.at diese neuen Kreationen in einer Blindverkostung näher angesehen und die Weine bewertet. Ergänzt haben wir die Auswahl um leichte, fruchtige Rotweine, die wir ohnehin am liebsten kalt trinken.
Bei der Bewertung ging es nicht um klassische Kriterien wie Komplexität, Vielschichtigkeit und Tiefgang, sondern um Fruchtigkeit und Trinkvergnügen. Zudem wurde die Eignung des Rotweins als Kaltgetränk bewertet – und das Ergebnis fiel wirklich eindeutig aus. Jeder Rotwein aus dem Test eignet sich den Verkoster:innen zufolge gut oder sehr gut dafür, ihn gekühlt zu trinken. Dennoch gibt es welche, die sich noch besser eignen. Kantige Tannine, Adstringenz, Barrique-Einfluss wirken bei niedrigen Temperaturen noch weniger einladend als konventionell temperiert. Fruchtigkeit, florale Noten und ein Hauch Süße machen die Rotweine zugänglich und trinkfreudig. Gekühlt heißt übrigens in unserem Fall nicht kellerkalt, sondern wirklich kühlschrankkalt – wir reden von 5 bis 7 Grad Celsius.
* Noir de Blancs bedeutet, dass dieser rote Wein ursprünglich aus einem Weißwein (Cabernet Blanc) vinifiziert wurde. Das heißt, es wurde weißer Most über eine Rotweinmaische (div. PIWI-Sorten) gepumpt, und dieser Most wurde dann nach ca. vier Tagen abgezogen und wie Weißwein im Stahltank kühl weitervergoren. Nach diesen vier Tagen wurden die Farbe und teilweise die Tannine der Beeren ausgelaugt. Somit hat der Wein Charakter und Struktur eines Rotweins, aber gleichzeitig auch die Leichtigkeit und Fruchtigkeit eines Weißweins.
Generell finden wir, dass es auch zu wenige Cuvées aus Rot- und Weißweinen gibt. Derartige Kompositionen vereinen das Beste aus beiden Welten und ergänzen die Struktur der Rotweine um Fruchtigkeit und Leichtigkeit. Winzer wie Andert oder Kienesberger haben vorgezeigt, wie viel Potenzial in derartigen Cuvées steckt.
Die ersten drei haben sich in der Bewertung klar von den anderen abgesetzt. Folgende Weine wurden ebenfalls verkostet und als empfehlenswert befunden (ohne Reihung):
Aus dieser Verkostung nehmen wir mit, dass man jeden Rotwein kühlen sollte. Wie weit man hier gehen möchte, ist jedem selbst überlassen, hängt aber auch von Rebsorte und Ausbauart ab. Der Alkoholgehalt spielt keine unmittelbare Rolle, wie man an den obigen Ergebnissen erkennen kann. Kellerkalt ist uns im Sommer jedenfalls schon zu warm, aber eine Kühlmanschette um die Flasche bringt ein nahezu perfektes Ergebnis.
Und noch etwas: Besser zu kalt als zu warm – denn warm wird der Wein von selbst.
von Bernhard Degen & Derya Metzler
(Anm.: Die Auswahl der Weine erfolgte aufgrund persönlicher Empfehlungen sowie Zusendungen von Kostmustern und erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität. Über ergänzende Tipps freuen wir uns: redaktion@gaultmillau.at)
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