23.07.2025
35 Jahre Solitaire vom Weingut Feiler-Artinger – eine einzigartige Vertikale.
Es war Heribert Bayer selig, der dem Kind den Namen gab. Oder zumindest den Anstoß dazu. Hans Feiler gibt ihm den Wein zum Kosten. Bayer war verblüfft: "Ihr habt da einen Solitär", hat er gesagt und bezog sich damit auf einen besonders wertvollen Einzel-Diamanten. Was damals niemand ahnte, war, dass dieser 'Solitaire' sich zu einer Ikone der heimischen Weinwirtschaft entwickeln wird. Aber genau das tat er. Ende Juni stellte Kurt Feiler beim Heunisch & Erben 32 Solitaire-Jahrgänge auf den Tresen. Es war eine beeindruckende Demonstration dessen, was passiert, wenn man gute Weine reifen lässt. Sie werden zu einzigartigen Schmuckstücken.
In den ersten beiden Jahrgängen, 1988 und 1989, war der Solitaire ein reinsortiger Blaufränkisch aus der Riede Umriss. Beides sollte bedeutsam bleiben. Seit dem Jahrgang 1990 ist der Wein eine Cuvée, wobei der Blaufränkisch stets die dominierende Sorte sein sollte. Das war immer so, das wird immer so sein: "Der Blaufränkisch-Anteil im Solitaire wird immer mehr als 50 Prozent sein.", stellt Kurt Feiler klar. Der Rest variiert. Zuerst eine Phase mit Zweigelt, Cabernet Sauvignon und Merlot (bis 1997), dann ein paar Jahre, in denen der Cabernet Franc eine wichtige Rolle einnahm, bis er zur identitätsstiftenden Rebsorte in der "1000er-Serie" wurde und aus dem Solitaire verschwand. 2010 war dann wieder ein Jahr, in dem der Solitaire ein reinsortiger Blaufränkisch wurde, danach wieder mit Cabernet und Merlot.
Kommen wir zu den Weinen. Und starten gleich beim ersten Jahrgang. 1988 ist vielleicht nicht der größte Wein in dieser Phalanx, mit Sicherheit aber ist er die größte Überraschung. Da sind immer noch - und nicht zu wenig - dunkle Noten ebensolcher Früchte. Brombeeren, Holunderbeeren, Tomatenessenz. Ja, natürlich: der 88er ist reif und hat auch ordentlich Tertiär-Aromen wie Schwarztee und dunkle Schokolade. Aber müde? Oder gar "drüber"? Nicht einmal ansatzweise. Quietschvergnügt und sehr lebendig lacht er aus dem Glas. Genau wie 1989. Bei dem kommen zur schwarzbeerigen Frucht auch noch frische Rote Früchte dazu. Erdbeere, Kirsch. Beides leicht kandiert. Ein gelungener Start in eine unglaublich spannende Reise in die frühen Jahre des österreichischen Rotweinhypes.
Klarerweise gibt es bei einer Serie, die sich über drei Jahrzehnte erstreckt, Schwankungen. Der 95er hatte seine beste Zeit bereits hinter sich, aber auch der Jahrgang 2005 war schon einmal charmanter und zugänglicher. Allerdings ist das 'meckern auf hohem Niveau', denn die Performance der Jahrgänge 2003 (ja, 2003!), 2000 und 2011 macht jeden Ausreißer wett. Der 03er besticht durch dichtes, kompaktes Aroma. Da sind schwarze Oliven ebenso zu finden wie in Rum eingelegte Pflaumen, rote Grütze, frisch gemahlener Pfeffer und Hollerröster. Beim 2000er kommt noch eine elegante Reife dazu und beim 11er ein Gerbstoff so fein, dass es eine Freude ist.
Den Schlusspunkt setzte eine Fassprobe des Jahrgangs 2022. Fassprobe, weil noch nicht am Markt, und daher auch noch nicht etikettiert. Genau wie 1988. Der eine hat noch kein Label, der andere hat keines mehr. Und der eine zeigt, in welche Richtung der andere gehen könnte. Der Solitaire ist ein Langstreckenläufer. Im Moment sind die Jahrgänge 2019, 2021 und noch ein paar Flaschen vom 2015er erhältlich. Man sollte zuschlagen. Und wegsperren. Am besten bis Mitte der 30er Jahre. Mindestens.
von Jürgen Schmücking
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