29.03.2022

Ausstellungs-Tipp: Die Habsburger bitten zu Tisch

Schloss Hof und Schloss Niederweiden zeigen bis 1. November die Sonderausstellung “Kaiserliche Tafelschätze” und laden in die prunk- und glanzvolle Welt der höfischen Tafelkultur.

Hoftafel in der Großen Antecamera der Wiener Hofburg
Hoftafel in der Großen Antecamera der Wiener Hofburg ©  Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H./Fotograf: Christoph Mühlbauer/Sammlung Bundesmobilienverwaltung

Vom 19. März bis 1. November 2022 ist auf Schloss Hof und Schloss Niederweiden die neue Sonderausstellung „Kaiserliche Tafelschätze“ zu sehen, die Glanzstücke des kaiserlichen Haushaltes zeigt. Auf Schloss Hof werden die schönsten Stücke aus den Beständen der ehemaligen kaiserlichen Hofsilber- und Tafelkammer der Wiener Hofburg präsentiert. Edle Kunstwerke aus Gold, Silber, Porzellan und Glas veranschaulichen in neuem Rahmen auf eindrucksvolle Weise die funkelnde Welt der höfischen Tafelkultur vom Barock bis zum Historismus. Auf Schloss Niederweiden wirft die Ausstellung einen Blick hinter die Kulissen und zeigt die vielfältigen Aufgaben der Hofwirtschaft und den unglaublichen Aufwand, der hinter der opulenten zeremoniellen Hofhaltung stand. 

So speiste Maria Theresia

Auf Schloss Hof liegt der Fokus der Ausstellung auf der Epoche Maria Theresias. Neben kunstvollen Objekten aus der umfangreichen Sammlung asiatischer Porzellane veranschaulichen Exponate aus heimischen und französischen Porzellanmanufakturen die Bedeutung dieses Materials für den Wiener Hof. Auch kostbare Objekte aus Gold und Silber, die einer kaiserlichen Tafel erst den imperialen Glanz gaben, werden präsentiert. 

Gegenstände aus Porzellan wurden in großer Vielfalt und Anzahl seit dem 17. Jahrhundert nach Europa exportiert. Die exotischen Dekore und ungewöhnlichen Gefäßformen faszinierten die europäische Aristokratie und lösten eine intensive Sammelleidenschaft aus, auch am Kaiserhof in Wien. Als begehrte Statussymbole dienten sie gleichermaßen der Darstellung von Reichtum und eines exquisiten Geschmacks und durften auf keiner Tafel fehlen.

Tafelgeschirre als Zeichen von Macht

Die in der Ausstellung präsentierten Gedecke veranschaulichen nicht nur die Vielfalt der am Wiener Hof in Verwendung stehenden Tafelgeschirre, sondern auch deren rangmäßige Wertigkeit. Für jeden Anlass waren bestimme Geschirrarten reserviert: Bei Krönungsfestmählern oder Hochzeitsbanketten mussten diese dem “kaiserlichen Decorum” entsprechend nicht nur reich verziert sein, sondern das Material sollte auch den herrschaftlichen Rang unterstreichen. Das Grand-Vermeil-Service zählte zu den prunkvollsten Services am Wiener Hof und gehört nach wie vor zu den wichtigsten Beständen der ehemaligen Hofsilber- und Tafelkammer. Teile des Service aus feuervergoldetem Silber sind in der Ausstellung zu sehen. Ursprünglich um 1808 für Napoleons Stiefsohn Eugène de Beauharnais hergestellt, erwarb Kaiser Franz II./I., der Enkel Maria Theresias, das prachtvolle Grand-Vermeil- Service 1816 für seine vierte Hochzeit und ließ es umarbeiten. So wurde das Wappen Napoleons mit einer Plakette mit den Initialen „FIA“ (Franciscus Imperator Augustus) verdeckt. 140 Gedecke umfassen eindrucksvolle 4.500 Einzelobjekte. 
 

Hofsilber und Tafelkammer auf Schloss Niederweiden
Hofsilber und Tafelkammer auf Schloss Niederweiden © SKB / Viktor Annerl

Küchengeheimnisse unter Kaiser Franz Joseph

Auf Schloss Niederweiden liegt der Fokus der Ausstellung auf der Epoche Kaiser Franz Josephs. Es werden besondere Objekte gezeigt, die im ständigen Gebrauch waren und somit Einblicke in die Fest- und Alltagskultur am Kaiserhof bieten.

Der Regierungsantritt von Kaiser Franz Joseph im Jahr 1848 führte zu großen Umwälzungen in der Tafelkultur des Wiener Hofes. Die kaiserliche Tafel erhielt wieder verstärkt öffentlichen und repräsentativen Charakter: Während Franz Josephs Vorgänger Franz II./I. und Ferdinand I. zumeist privat an den Familientafeln gespeist hatten, führte der junge Kaiser Hoftafeln und Seriendiners mit Funktionären der Staatsverwaltung, Militärs und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ein. Diese „Geschäftsessen“, die mehrmals pro Woche stattfanden, stellten neue Anforderungen an die Gestaltung der kaiserlichen Tafel. Da die vorhandenen Tafelaufsätze für höherrangige Galatafeln reserviert waren, musste für die unter Franz Joseph eingeführten Hofdiners ein neuer, moderner und flexibel zusammenstellbarer Tafelaufsatz für Tafeln mit bis zu 60 Gedecken angeschafft werden.

Der neufranzösische Tafelaufsatz, ein Highlightobjekt der Ausstellung, ist ein Beispiel einer größeren Anschaffung unter dem jungen Franz Joseph. Stilistisch ist der neufranzösische Tafelaufsatz ein Musterbeispiel für das in der Mitte des 19. Jahrhunderts gerade modische Zweite Rokoko, eine der vielen Spielarten des Historismus. Die üppigen Formen, die auf die Hochblüte höfischen Lebens im 18. Jahrhundert verweisen, waren auch ein idealer Ausdruck der neoabsolutistischen Ausrichtung der Regentschaft des jungen Kaisers. Auf jedem Stück dieser Garnitur aus vergoldeter Bronze sind in reicher Bildhauerarbeit äußerst aufwendig gestaltete Szenen mit jagdlichen Motiven zu entdecken. 

Die Maschinerie des Hofes

Die Ausstellung zeigt, dass neben wertvollen Tafelgeschirren aus Gold, Silber, Glas und feinem Porzellan und einem exquisiten Speisenangebot auch ein perfekter Service an der Tafel enorm wichtig war, um den Monarchen als glänzenden Gastgeber erscheinen zu lassen. Entlang von Fotografien, Illustrationen und Zeichnungen werden der große personelle und logistische Aufwand, die Vielfalt der Aufgaben, die strenge hierarchische Aufgabenverteilung und die klar geregelten Abläufe der Hofbediensteten veranschaulicht, die für die opulente zeremonielle Hofhaltung vonnöten waren. 

Bis heute werden von der Bundesmobilienverwaltung – der Nachfolgeinstitution der einstigen kaiserlichen Hofmobilieninspektion – die roten Teppiche für Staatsbesuche ausgerollt, das Mobiliar für Staatsempfänge bereitgestellt und die Tafel des österreichischen Staatsoberhauptes und seiner Gäste mit dem aktuellen Republikservice aus der Silberkammer gedeckt.

Kulinarische Höhepunkte

Auch die Zubereitung so mancher Speisen gestaltete sich äußerst aufwendig. Die Olio-Suppe etwa gehörte zum kulinarischen Höhepunkt der festlich-eleganten Tafeln und nach Bällen, langen Theater- und Opernabenden schätzte man den Genuss der Essenz besonders. Das Rezept – in der Ausstellung ist eines für bis zu 100 Personen zu sehen – erforderte besonders viele verschiedene Zutaten und die Zubereitung nahm mehrere Stunden in Anspruch. So bestand die Suppe aus verschiedenen Fleischsorten, Gemüse, Gewürzen und Kräutern und wurde über Stunden hinweg gekocht, geklärt und reduziert. In der Hofküche, der wichtigsten Küche des Kaiserhofes im Zentrum der Wiener Hofburg, gab es für deren Zubereitung sogar eigene Räume und Kochutensilien wie einen großformatigen Kessel, der in der Ausstellung gezeigt wird. Und um die Olio-Suppe auf der Tafel angemessen zu präsentieren, wurden aus Silber oder Porzellan aufwendige wie extravagante Deckelterrinen angefertigt. Eine besondere Auswahl davon wird in der Ausstellung präsentiert.

von Bernhard Degen

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