28.05.2025

Damenspitz mit 0,0 Promille. Geht das?

Neue alkoholfreie Drinks versprechen Wirkung wie Alkohol, nur ohne Nebengeräusche. Gault&Millau hat sie erstmals in Österreich getestet.

Tasting auf der Lamée Rooftop Bar
Tasting auf der Lamée Rooftop Bar © Degen / Gault&Millau

„Enthemmt. Euphorisiert. Alkoholfrei.“ – So der Claim des neu designten Drinks Wylda von den Rheinland Distillers aus Bonn. „Smoother social interactions“ verspricht der Produzent von Sentia nördlich von London. Es ist eine völlig neue Kategorie im Getränkebusiness: alkoholfreie Getränke mit Wirkung wie Alkohol, aber ohne Begleiterscheinungen wie Entgleisungen, Erinnerungslücken, Kater oder Fahruntüchtigkeit. Klingt zu schön, um wahr zu sein – deshalb haben wir uns zwei dieser Weltneuheiten näher angesehen. Sentia arbeitet mit GABA bzw. Gamma-Aminobuttersäure; das ist ein wichtiger Neurotransmitter, der hemmende Wirkung auf Nervenzellen hat und bei Angst, Stress und Schlafstörungen helfen kann. Wylda setzt auf adaptogene BotanicalsDoch mehr dazu später.

Uns hat primär interessiert: Wirkt das Zeug wirklich, oder hoffen die Hersteller mehr auf Suggestion? Die Teams von Del Fabro Kolarik und Gault&Millau haben daher ein Experiment gestartet, um der Sache auf den Grund zu gehen. Im wunderbaren Ambiente der Lamée Rooftop Bar im Herzen von Wien wurde eine Blindverkostung mit folgenden Gruppen organisiert:

  • Drinks mit Sentia
  • Drinks mit Wylda
  • Alkoholfreie Drinks ohne Wirkung (die Placebo-Gruppe)
  • Alkoholische Drinks (die Kontrollgruppe)

Galerie

Für die Drinks zuständig: Bernhard Degen
Für die Drinks zuständig: Bernhard Degen © Gault&Millau / Donat
Karl Hohenlohe war einer der Proband:innen
Karl Hohenlohe war einer der Proband:innen © Gault&Millau / Donat
Fragebogen
Fragebogen © Gault&Millau / Donat
Probandin Alessa Spanel
Probandin Alessa Spanel © Gault&Millau / Donat

Erstaunliche Ergebnisse

Eines darf schon einmal verraten werden: Die Ergebnisse waren wahrlich überraschend. Man muss aber vorausschicken, dass es keine wissenschaftlich aussagekräftigen Laborbedingungen waren, in denen das Experiment durchgeführt wurde. Aber immerhin – es war eine echte Blindverkostung. Die Drinks wurden so kreiert, dass weder Farbe noch Geschmacksbild Rückschlüsse zuließen. Es wurde auch darauf geachtet, dass sich die Proband:innen nicht untereinander austauschten oder Drinks von anderen Gruppen vergleichsweise probieren durften.

Jede Person bekam drei Drinks serviert, mit (vermeintlichen) Wirkungsdrinks, Fillern und farbintensiven Zutaten. Die Alkoholgruppe bekam insgesamt 9 cl Wodka, die Sentia- und die Wylda-Gruppen exakt nach empfohlener Dosierung, und die Placebo-Gruppe wohlschmeckende alkoholfreie Kreationen von Lyres, LavaBelle und Franz von Fein. Als Filler wurden Tonic, Pink Grapefruit und Bitter Lemon von Thomas Henry verwendet.

Wie fühlst du dich?

Die Proband:innen waren aufgefordert, hauptsächlich auf die Wirkung der Drinks zu achten, aber auch den Geschmack zu beurteilen. Im Anschluss an die Verkostung wurden Fragebögen verteilt. Erste Frage war: „Hatten deine Drinks Wirkung auf dich?“ Zehn von 13 Personen antworteten auf diese Frage mit Ja. Keine Wirkung verspürten eine Person der Placebo-Gruppe und zwei Personen aus der Wylda-Gruppe.

Bei der Kontrollfrage „Wieviel Wirkung hast du auf einer Skala von 1–10 gespürt?“ sah es etwas anders aus, denn nur eine Person (aus der Placebo-Gruppe) hat mit 1, also keinerlei Wirkung, geantwortet. Alle anderen bewegten sich im Bereich zwischen 3 und 4 – bis auf eine Person aus der Alkoholgruppe, die mit 6 schon deutlich Wirkung verspürte.

Welche Aussagekraft hat das?

Da auch zwei Personen der Placebo-Gruppe die Wirkung der Drinks auf der zehnteiligen Skala mit 3 einschätzten, ergibt sich keine eindeutige Signifikanz. Was die Frage nach dem Befinden betrifft, scheint es eine sehr gelungene Verkostung gewesen zu sein: Fünf von 13 Personen fühlten sich entspannter als vorher, vier kommunikativer, drei aufgeweckter, drei beschwingt und eine schwindelig (Mehrfachnennungen waren möglich). Drei Personen fühlten sich gleich wie zuvor.

Ob man dieses Ergebnis auch ohne Functional Drinks bzw. Alkohol erzielt hätte, kann mit diesem Setting nicht eindeutig beantwortet werden. Was aber klar gesagt werden kann, ist, dass liebevoll gemixte Drinks mit offenen Menschen in schöner Atmosphäre eine positive Wirkung auf den Gemütszustand haben. Alkohol braucht man dafür offenbar nicht, denn nur drei von 13 Personen haben welchen bekommen (und nur eine Person hat sich danach richtigerweise in der Alkoholgruppe vermutet).

Wie schmeckt das?

Sentia gibt es in drei verschiedenen Geschmacksrichtungen, von fruchtig-floral bis eher resch, Wylda ist intensiv aromatisch-fruchtig. Im Fragebogen wurde auch abgefragt: „Wie haben dir deine Drinks auf einer Skala von 1–10 geschmeckt?“ Am zufriedensten waren die Mitglieder der Wylda-Gruppe mit einem Durchschnittswert von 8,25. Die Alkoholgruppe war mit 7,3 ähnlich zufrieden wie die Sentia-Gruppe mit 7. Die Placebo-Gruppe folgte mit 6.

Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Experiment ein voller Erfolg war. Alle Proband:innen haben sich bei und nach der Verkostung sehr wohl gefühlt. Das traumhafte Ambiente der Lamée Rooftop Bar hat dabei wohl ebenso eine Rolle gespielt wie das herrliche Frühlingswetter. Die Drinks haben sehr gut geschmeckt und die Stimmung war ausgezeichnet. Nachahmung empfohlen.

Hintergrund

Die Zutaten der beiden Functional Drinks Sentia und Wylda sind zahlreich und komplex, weshalb wir Rat bei Ernährungswissenschaftlerin Caroline Schlinter-Maltan gesucht haben. Es sind Kombinationen aus Wirkstoffen mit beruhigenden und stressreduzierenden Eigenschaften einerseits sowie anregenden und konzentrationsfördernden andererseits. Sentia arbeitet mit GABA, oder Gamma-Aminobuttersäure. Den Herstellern zufolge ist das eine Verbindung, die in fast allen Lebewesen vorkommt. GABA hat viele Aufgaben im menschlichen Körper, aber eine seiner wichtigsten Funktionen ist die eines Neurotransmitters in Ihrem Gehirn. GABA beruhigt die neuronale Aktivität, was zu einem Gefühl der Entspannung und Ruhe führt. Wylda setzt einerseits auf adaptogene Botanicals (Maca, Schisandra, Ginseng, Damiana, Matcha und Moringa), sie sind für ihre stressreduzierenden Eigenschaften bekannt, und andererseits auf animierendes Koffein.

sentiaspirits.com

hellosiegfried.com/at/wylda

von Bernhard Degen

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