15.05.2023

Besuch in der Nuri Sardinen-Manufaktur

Der österreichische Unternehmer Jakob Glatz hat das Unternehmen in Portugal neu aufgestellt und alles beim Alten gelassen.

Echte Handarbeit in allen Arbeitsschritten
Echte Handarbeit in allen Arbeitsschritten © Florence Stoiber

Beim Durchschreiten des Portals in der Avenida Menérez Nummer 700 fühlt man sich mit einem Schlag um hundert Jahre zurückversetzt. Boden und Wände zieren die traditionellen Fliesen (Azulejos), dazu Holzvertäfelungen, schwarz-weiß Fotos und Lamperie im Art Déco sowie die Inschrift “Fondada en 1920” verleiten zu einer mentalen Zeitreise. Wir finden uns in einem Zeitalter wieder, in dem der Fang und die Verarbeitung von Fisch noch echte Handarbeit war. 

Wir befinden uns in der Nuri-Manufaktur in Matosinhos, einer beschaulichen Hafenstadt am Atlantik, nördlich von Porto, wo seinerzeit in 50 Fabriken Fische in Konserven verpackt wurden. Mit der fortschreitenden Industrialisierung ersetzten immer mehr Maschinen die Menschen, die die Arbeitsschritte noch mit liebevoller Sorgfalt erledigt hatten. In ganz Matosinhos? Nein, in der Nuri-Manifaktur vertraute man weiterhin der menschlichen Arbeitskraft. Heute ist sie der letzte Betrieb, der noch immer wie früher Sardinen in Konserven bettet. Alle 49 anderen Verarbeitungsbetriebe waren wirtschaftlich nicht mehr rentabel und sind mittlerweile Geschichte.

Patrizia führt durch das ansprechend gestaltete Museum und erzählt die Geschichte der Gründung von Pinhais & Ca Lda vor über 100 Jahren. Im Jahr 1945 wurde die Manufaktur von der österreichischen Handelsfirma Glatz übernommen, die heute in vierter Generation von Jakob Glatz geführt wird. Woher der Name „Nuri“ kommt ist nicht eindeutig überliefert. Im Arabischen steht Nuri für Diamant, also für Reinheit und Perfektion. Er könnte aber auch von einer Romanze einer der Firmengründer mit einer gewissen Nuria herrühren. Woher auch immer der Name stammt, er steht seit jeher für außergewöhnliche Produktqualität und Handarbeit, davon konnten wir uns beim Besuch persönlich überzeugen.

Galerie

Beginn der Führung im Museum

Beginn der Führung im Museum © Foto beigestellt

Ahnengalerie

Ahnengalerie © Foto beigestellt

Kantine und Café "Can Tin"

Kantine und Café "Can Tin" © Foto beigestellt

Die Sardinen und das Gemüse werden händisch in Dosen gebettet.

Die Sardinen und das Gemüse werden händisch in Dosen gebettet. © Florence Stoiber

In hygienische Schutzkleidung gehüllt betreten wir die Fertigungshalle und sind sofort von der lebendigen Atmosphäre eingefangen. Gut gelauntes Stimmengewirr, geübte Geschäftigkeit und neugierige Blicke empfangen uns. Wie es scheint, sind die Besucher*innen der täglichen Führungen eine willkommene Abwechslung im Arbeitsalltag. Die Arbeiterinnen (fast 95 Prozent der Angestellten sind weiblich) stimmen immer wieder Melodien an, bis ein kollektiver Freudenruf die Mittagspause begrüßt. In der im historischen Ambiente stimmig gestalteten Kantine „Can Tin“ treffen wir Jakob Glatz, der uns seine Philosophie der kompromisslosen Handarbeit näher bringt. Jede Sardine durchläuft einen jahrzehntelang optimierten Prozess, wandert durch mehrere Hände und wird schließlich mit handgeschnittenen Zutaten in Konserven gebettet. Sogar das Einwickeln in Papier und Folie erfolgt händisch.

“Wir haben einige Marken im Unternehmen, auch andere Fischkonserven, aber mein Herz gehört Nuri.”
Jakob Glatz

Wichtigstes Produkt im Nuri-Portfolio ist seit jeher die mit Chili, Gurke, Karotte, Pfeffer und Lorbeer eingelegte Gewürz-Sardine. Sie wird in Begleitung von Neuheiten wie der Nuri-Paté oder des Nuri-Olivenöls in über 40 Länder weltweit exportiert. Aktuell freut sich Glatz über beachtliche Zuwächse in den USA. Einer der wichtigsten Märkte ist aber Österreich, wo sich nicht nur der Firmensitz der Glatz GmbH und Co KG, sondern auch ein kultiger Shop in der Wiener Herrengasse befindet. Hier kann man nicht nur die Klassiker und verschiedene Merchandise-Artikel erstehen, sondern auch die Jahrgangssardinen, die erst nach drei Jahren Reife auf den Markt kommen. Der aktuelle Jahrgang ist 2019, allerdings schwören Connaisseure auf noch mehr Reife, da sich die einzelnen Komponenten mit jedem Jahr weiter harmonisieren. Sofern die Konserve unbeschädigt ist, ist die Haltbarkeit nahezu unbeschränkt. Vor kurzem wurde eine Dose aus Napoleons Zeiten verkostet und für gut befunden.

Voraussetzung für eine Vintage-Selektion ist allerhöchste Produktqualität und ein gewisser Fett-Anteil, der am ehesten im September erreicht wird. Da sind die Sardinen auch größer als jetzt im Mai, wo die Fangsaison eben erst eröffnet wurde. Wer sich schon einmal gewundert hat, warum manche Dosen bis zu fünf Fische enthalten und manche nur drei, kann sich das nun mit der Fangsaison erklären. Vor einigen Jahren waren die Sardinen-Bestände vor Portugals Küsten übrigens so dezimiert, dass ein Fangverbot und in weiterer Folge strenge Fangquoten vorgeschrieben werden mussten. Jakob Glatz berichtet, dass sich die harten Maßnahmen gelohnt haben, mittlerweile haben sich die Bestände so gut erholt, dass die Quoten aktuell so hoch sind, dass sie manchmal gar nicht erreicht werden.

Mit dieser guten Nachricht im Hinterkopf schlendern wir durch Matosinhos, an Fischrestaurants und weitläufigen Stränden vorbei und machen uns auf in die wunderschöne Altstadt von Porto. Von Wien aus gibt es übrigens mehrere Direktflüge. Zum Pflichtprogramm gehören eine eine Führung in einer Portwein-Kellerei, eine Schifffahrt am Douro und ein Besuch im Nuri-Museum mit anschließender Verkostung.

nuriartisanalsardine.com

von Bernhard Degen

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