Vorfreude ist Programm, wenn man an einem Tisch Platz nimmt, an dem man von Richard Rauch wahlweise auf eine Gaumenreise „Klassik“ oder „Fisch“ geschickt wird. Seine Schwester, Sonja, wählt je nach Vorliebe treffsicher die Weine für die stimmige Begleitung, gern auch biodynamisch oder eben pfiffig, etwa mit Sparkling Sake. Schon die kleinteiligen Grüße aus der Küche sind eine Klasse für sich, doch das Zusammenspiel aus sanft-erdigem Topinambur mit salzigem Kaviar in den hellen, blumigen Aromen von Heu baden zu lassen, ist schlichtweg genial. In diesem Duktus geht es weiter, etwa mit dem hinreißenden Zusammenspiel aus Thunfisch, Blutorangenfilets und Roter Rübe. Confierter Saibling trägt die süßliche Fülle eines Erbsen-Kokos-Spinats, wunderbar leicht gelingt auch der gedämpfte Zander, der sich mit Seitlingen, Hendlhaut und Topfennockerl auf mild-würzige Zitrusnoten einlässt. Mit der gebackenen Garnele auf Pak Choi und lila Süßkartoffelpüree gelingt ein Gang aus der Asiaküche, der begeistert und auch mild-aromatischen Gemüsesorten eine Bühne gibt. Unter einer Baiserhaube stecken herb-säuerliche Ölweidebeeren und die Süße von Topazäpfeln mit Salzkaramellschaum. Charmant vorgetragen werden die einzelnen Gänge teils von Lehrlingen und Jungköchen, die auch motiviert werden, eigene Ideen umzusetzen. So ergänzen sich unter einer nachgebildeten Schweineschnauze Kren-Crème-brulée, Rohnengranité, Grammelchips und Ingwerschaum zu einem kreativen Ganzen. Vom kleinteiligen Abschluss sei die semigefrorene Mousse mit dunkel-malzigem Muscovadozucker, Ras-el-Hanout-Keks und Orangensirup hervorgehoben. Ein Besuch bei den Geschwistern Rauch ist immer wie ein Kurzurlaub, doch könnte man mit einer Übernachtung in der nahen Villa Rosa samt erweitertem Frühstück einen weiteren Höhepunkt folgen lassen.