Gault&Millau Punkte
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Das hochherrschaftliche Entrée des Palais Coburg atmet illustre Großzügigkeit – und da reiht sich die von Silvio Nickol und seiner Brigade genützte Zeremonienräumlichkeit elegant ein. Gleichwohl der Werdegang des Küchenchefs mit Stationen in europäischen Tophäusern beeindruckt, spiegeln sich manche davon auch auf der Karte wider. Wer sich hier des Abends niederlässt, möchte und kann sich in jedem Fall in besonderer Weise überraschen lassen und neue Geschmackserlebnisse mit hochwertigsten Zutaten von nah und fern kennenlernen. Wer möchte, kann das Erlebnis auch noch mit zusätzlich zu zahlenden Spezereien wie einem Malossol-Imperial-Kaviar garnieren und wahlweise zu jedem Gang eine Weinbegleitung oder ausschließlich Raritäten genießen. Wir haben das „Sowohl-als-Auch“ geprüft und können sowohl diese als auch jene Variante empfehlen. Zum Auftakt genossen wir „lauter Kleinigkeiten zum Start“ – und dann ging es gleich richtig los mit einer ungarischen Gänseleber mit Haselnuss, Mispel und Tagetes – einer essbaren Samtblume, die von slowenischem Furmint aus Gorca stoffig ergänzt wurde. Der japanische Hamachi, „Glücksfisch“, kam mit Mangowürferln und einer zarten, mit Koriandernoten durchsetzten Sauce, die dem Fisch aber durchaus zusetzte. Hierzu hatten wir als Rarität den Riesling „Unendlich“ von F.X. Pichler aus dem hervorragendem Jahr 2013. Kräftiger ging es dann mit einer portugiesischen Carabinero-Garnele auf stoffigem Bulgurrisotto weiter, wobei hier durch die Sauce eine Synthese versucht wurde. Ein annähernd 20-jähriger Viña Tondonia Reserva bot das nötige Rückgrat auf, diese Synthese zu unterstützen. Der Spannungsbogen wurde nachgerade auf ein zartes Ibérico-Presa-Stück aus Spanien hingeführt, mit kunstvollen Türmchen verziert, von einer kraftvollen Sauce und einem angenehm temperierten Pommard begleitet. Ein gebratenes, dukatengroßes Stück Wiener Waller führte uns noch einmal auf eine ruhige Ebene zurück – um dann flugs mit der französischen Challans-Landentenbrust den Gipfel zu erklimmen, auch hinsichtlich der Sauce, die nun auch kräftig und robust den Charakter unterstrich, untermalt von Blutwurst, diversen Waldnoten und einem Saint-Émilion – ein Höhepunkt, der uns wohl mundete. Der Mimolette mit Périgord-Trüffel strich unsere Gaumen wieder auf gleich, ein süßer Weinrieder Riesling konnte da gut ergänzen. Begannen wir nun mit einer Komposition aus Umeboshi, zartem Knollenziest und Vanille sowie einer Szabathi Trockenbeerenauslese den süßen Reigen, wurde unser Gaumen mit der eher kräftig-sauren Amalfizitrone und salzigen Karamell-Schokolade-Tönen auf den vielfältigen Ausklang vorbereitet. Ein abschließender Besuch in der Küche samt Plausch zwischen dem zufriedenen Patron und seinen zufriedenen Gästen rundete das Abenderlebnis aufs Erklecklichste ab. Wir kommen wieder, in eines der spannendsten Restaurants, das Wien derzeit zu bieten hat.