Zweitlokale hochdekorierter Restaurants könnten es sich ja so einfach machen: im Windschatten des Ruhms fahren und unter prominenter Flagge mit Preis-Leistungs-Argumenten punkten. Was soll da noch schiefgehen? Nun, man könnte ein bisschen auf die Leistung vergessen. Im Hause Reitbauer kommt so etwas nicht infrage. Die Präzision, mit der in der Steirereck-Meierei vom Edelfrühstück über den Lunchbetrieb bis zum abendlichen Sechsgänger alle Disziplinen angegangen werden, ist schlicht bemerkenswert. Am Beispiel eines rezenten Abendmenüs: vielschichtiger Spargelsalat mit Kerbel und Holunderblüte; tiefgründige Süßwasserfischsuppe mit Fenchel und Apfelpaprika; gebratene Kräuterseitlinge mit Einkorn und Melanzani. Kleiner Schönheitsfehler: Im Lauf des Menüs werden die Gerichte immer schwerer, das Stubenküken mit Grünspargel und Erbsenmus hätte die Hollandaise obendrauf jedenfalls nicht gebraucht. Der Käsegang ist hier natürlich trotzdem unumgänglich, die Weinbegleitung auf unkomplizierte Weise spannend. Zweite Geige, erste Klasse.