05.12.2023

Olivenöl: Erntedank in Istrien

Ende November ging in Vodnjan der Fachkongress Istra Virgin über die Bühne: gefeiert wurde auch der aktuelle Olivenöl-Jahrgang 2023.

Duilio Belic, Grandseigneur der istrischen Olivenölszene.
Duilio Belic, Grandseigneur der istrischen Olivenölszene. © Foto beigestellt

Hurra, das neue Öl ist da! Doch über Jahrgänge wird bei Olivenölen – anders als beim Wein – selten gesprochen. Schließlich soll das Öl ja möglichst jung – sprich in den ersten zwei Jahren nach der Ernte – verwendet werden. Den Jahrgangswechsel bekommen die meisten Konsumenten gar nicht mit, wenngleich das Produktionsjahr auf jedem Etikett angeführt wird. Eventuell noch vorhandene 2021er Öle sollten schön langsam verbraucht werden.  

Mit der aktuellen Ernte wollen die istrischen Produzenten an das hohe Niveau der Vorjahre anzuschließen. Stolze neun Mal in Folge wurde Istrien von der italienischen Olivenöl-Bibel Flos Olei als beste Region der Welt ausgezeichnet. Erste Verkostungsnotizen, die unsere Gault & Millau Redaktion vor Ort gemacht haben, legen nahe, dass eine zehnte Auszeichnung folgen könnte.

Olivenöl wird teurer

Obwohl die Gesamtproduktionsmenge Istriens im internationalen Vergleich minimal ist, spielt es in Österreich aufgrund der geographischen Nähe und der außergewöhnlich hohen Qualitäten eine große Rolle. Die Ernte war in Istrien auch mengenmäßig im langjährigen Mittel. In Spanien und Italien waren hingegen dramatische Ernterückgänge zu beklagen. So sank die Gesamtmenge des in der EU produzierten Olivenöls von 2,27 Millionen Tonnen im Vorjahr auf heuer 1,5 Millionen. Deutliche Preisanstiege bei normalen „Supermarkt-Qualitäten“ werden zwangsläufig folgen.

In diesem Marktsegment sucht man istrische Öle allerdings ohnehin vergeblich. Schon alleine aufgrund der kleinstrukturierten Produktionsbedingungen kann man dort keine „Billig-Öle“ machen. Anders als in Spanien oder Italien gibt es in Istrien fast ausschließlich Familienbetriebe, in denen die Ernte nach wie vor von Hand erfolgt. Hochwertige Istrische Öle verwendet man daher fast nie zum Braten oder gar Frittieren, sondern ausschließlich zum Würzen.

Der richtige Erntezeitpunkt ist wichtig: wenn der Farbwechsel einsetzt, bekommt man besonders aromatische Öle.
Der richtige Erntezeitpunkt ist wichtig: wenn der Farbwechsel einsetzt, bekommt man besonders aromatische Öle. © Gunter Standl

Nördliche Lage wird immer besser

„Bis auf den Regen Anfang November, der uns gezwungen hat, in einzelnen Gärten mit der Ernte ein paar Tage zuzuwarten, war es ein sehr gutes Jahr. Sowohl die Menge als auch die Qualität stimmen. Der Klimawandel, der zu immer heißeren Sommern führt und südlichere Regionen massiv beeinträchtigt, ist bei uns kein Problem, weil wir als nördlichste Olivenöl-Region Europas in der Vergangenheit eher mit der Kälte zu kämpfen hatten“, umschreibt Tedi Chiavalon, der gemeinsam mit seinem Bruder Sandi das gleichnamige Olivenöl-Gut im Süden Istriens biologisch bewirtschaftet, das Jahr 2023.

Dass die eigenen Öle immer besser werden, liege allerdings weniger am Klima, sondern vor allem an der Technik. „Wir haben uns vor zwei Jahren eine ultramoderne Mori-Presse zugelegt, die nicht nur besonders sanft presst, sondern auch die Temperatur ständig kontrolliert. Nach dem Pflücken sollten die Oliven möglichst rasch auf unter 20 Grad gebracht werden und ohne Sauerstoffkontakt zur Presse gelangen, damit man das gesamte Aromenspektrum einfangen kann“, so Tedi Chiavalon. Außerdem wurde im Zuge dieser Investition auch die gesamte Produktion digital erfasst, womit man letztlich bei jeder Flasche nachvollziehen kann, von welchem Baum sie stammt.  

Sandi und Tedi Chiavalon kosten laufend ihre Öle, was für das cuvéetieren besonders wichtig ist.
Sandi und Tedi Chiavalon kosten laufend ihre Öle, was für das cuvéetieren besonders wichtig ist. © Foto beigestellt

Moderne Technik und biologischer Anbau

Mit 10.500 eigenen Bäumen und weiteren 10.000 Bäumen, die von Nachbarfamilien sorgsam gepflegt werden, ist Chiavalon ein relativ großer Produzent – zumindest für istrische Verhältnisse. Die Öle werden bei Chiavalon zwar sortenrein gepresst, dann jedoch zu vier bis fünf verschiedenen Cuvées gemischt, die für unterschiedliche Einsatzgebiete beim Kochen geeignet sind. Als Partner von Jeunes Restaurateurs de l’Europe (JRE) wird jedes Jahr auch ein spezielles Öl für die teilnehmenden Restaurants komponiert. So kann man bei (fast) allen JRE-Restaurants unseres Landes eine exklusive Flasche Chiavalon erstehen. Die weiteren Chiavalon-Öle sind im Webshop von Döllerer erhältlich.

Nur einen Steinwurf entfernt kultiviert die Famlie Belić in ihren malerischen Olivenhainen von Fažana, Galižana und Peroj vierzehn verschiedenen Sorten, die sich sortenrein oder als Blend in erstklassigen Ölen wiederfinden. Jahr für Jahr ist ein Belić-Öl unter den drei höchstbewerteten Olivenölen Istriens dabei. Erhältlich sind die Öle in allen Wein & Co Filialen bzw. im Online-Shop.

Klaudio und Ivan Ipsa keltern seit kurzem auch sehr spannende Naturweine, die man auch im Taubenkobel genießen kann.
Klaudio und Ivan Ipsa keltern seit kurzem auch sehr spannende Naturweine, die man auch im Taubenkobel genießen kann. © Gunter Standl

Einen Überblick über sämtliche Top-Produzenten Istriens zu liefern, ist in diesem Rahmen unmöglich. Einen dritten „Lieblingsproduzenten“ der Redaktion wollen wir in diesem Zusammenhang jedoch unbedingt noch erwähnen. Am nördlichen Ende der Halbinsel befindet sich in der Nähe von Motovun die Familie Ipsa, die seit ein paar Jahren nicht nur hochwertige Öle presst, sondern auch sehr spannende Naturweine keltert, die man mitunter in der Weinbegleitung unseres aktuellen Kochs des Jahres Alain Weißgerber im Taubenkobel antrifft. Während sich Vater Klaudio Ipsa weiterhin penibel um die Öle kümmert, schlägt das Herz von Sohn Ivan vor allem für die teilweise maischvergorenen Naturweine (siehe Bild oben). 

Zurück nach Vodnjan und der 17. Auflage von Istra Virgin: Mit Mateo Barciulli aus Florenz, der alljährlich den besten Olivenölproduzenten der Welt mit dem Preis „Il Magnifico“ auszeichnet und der Römerin Maria Paola Gabusi (u.a. Leone d’Oro) waren auch zwei wichtige Olivenöl-Experten aus Italien angereist, die über die Rolle von hochwertigen Olivenölen in der internationalen Top-Gastronomie sprachen. „Maripa“ Gabusi leitete dazu noch eine sensorische Masterclass. Am Samstagabend traf sich dann die Jugend von ganz Istrien zum Tanzen im Kongresszentrum von Vodjnan. Auch sie hatten Grund zum Feiern. Schließlich haben viele von ihnen mit den eigenen Händen bei der Ernte mitgeholfen. Da darf man das Erntedankfest dann schon mit Drinks und lauter Musik begehen.

von Wolfgang Schedelberger

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